Arbeiten oder nicht – das ist hier die Frage

05. Juni 2014

Ein paar Worte vorweg: es fällt mir nicht leicht, diesen Blogbeitrag zu schreiben. Gefühlt befinden sich bereits mehr als 50 Versionen dieses Artikels in meinem Papierkorb. Woran liegt das bloß? Ok, ich bin nicht richtig fit und packe seit Tagen gedanklich Kisten, weil wir in ein paar Wochen umziehen. Es liegt auch nicht daran, dass ich zu wenig Material hätte oder mich das Thema nicht richtig interessiert. Ganz im Gegenteil! Aber vielleicht liegt genau da der Hase im Pfeffer (sagt man das so?): das Thema ist mir SO wichtig, dass ich die RICHTIGEN Worte finden muss, nicht falsch verstanden werden, nicht werten oder verletzen möchte. Und das blockiert mich total. Worum es hier eigentlich geht? Um arbeitende Mütter und um SAHMs (stay-at-home-mums), um Elterngeld und Elternzeit, um Wiedereinstieg oder Neuanfang. Und wenn ich noch weiter spinne, dann geht es auch um Scheidung, Unterhaltsrecht und Absicherung im Alter. Puuuuh…

arbeiten oder nichtFange ich doch einfach mal langsam an (das muss ja nicht der einzige Beitrag zu diesem Thema bleiben!): wir Expat-Frauen arbeiten in der Regel nicht, egal ob mit oder ohne Kinder, egal ob Krippen-, Kindergarten- oder Schulkind. Klar gibt es Ausnahmen, aber die typische Expat-Frau kümmert sich während der Zeit im Ausland um die Kinder, den Haushalt und ihre Nägel, nimmt Englisch-Unterricht oder bildet sich anderweitig weiter, sie bucht den nächsten Urlaub, macht die Wochenendplanungen und kennt sich in der lokalen Shopping-/Café-/Restaurant-Szene bestens aus.

Sobald aber die Rückkehr nach Deutschland ansteht, dreht sich das berufliche Gedanken-Karussell immer schneller: Kann bzw. will ich zurück in meinen alten Job? Probiere ich was Neues aus? Oder bleibe ich weiterhin zuhause? Besonders diese dritte Option, Zuhause bleiben, hat mich sehr zum Nachdenken gebracht.

Als Mutter zuhause zu bleiben, auch nach dem Ende von Elterngeld und Elternzeit, ist das in Deutschland überhaupt noch gesellschaftlich akzeptiert? Ist das eine Luxus-Entscheidung („wir können uns das leisten“)? Oder ist es einfach nur naiv, nicht am Ball zu bleiben und darauf zu hoffen, dass meine Ehe für immer und ewig hält?

Vor genau drei Jahren habe ich mich noch schlecht gefühlt, weil ich nach der Geburt meiner Tochter nach einem Jahr wieder angefangen habe zu arbeiten. Weil ich gerne wollte, obwohl sie noch so klein war. Weil es ein echt gutes Gefühl ist, eigenes Geld zu haben. Weil ich viel ausgeglichener war, wenn ich in die Unternehmenswelt abtauchen konnte. Und 2014? Fühlen Mütter sich jetzt schlecht, weil sie nicht nach einem Jahr wieder arbeiten? Muss man sich jetzt dafür rechtfertigen, dass man sich lieber „nur“ um die Kinder kümmert und sich nicht dem Stress „meine Karriere, meine Kinder und mein Kuchen – selbstgebacken natürlich“ aussetzen möchte? Hat sich das gesellschaftliche Bild von der Rabenmutter so geändert?

Wenn ich mir meine Freundinnen in Deutschland angucke, stelle ich fest, dass fast alle nach einem Jahr Elternzeit wieder in ihren Job zurückkehren. Einige müssen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen oder ihren Lebensstandard nicht halten können. Andere wollen unbedingt wieder arbeiten, weil der Job Spaß macht oder weil ihnen sonst zuhause die Decke auf den Kopf fällt. Aber keine hat sich bislang fürs Zuhause bleiben entschieden.

Was meint Ihr denn dazu? Hat sich das gesellschaftliche Bild von der Rabenmutter in den letzten Jahren wirklich verändert? Wie sieht es in Eurem Freundeskreis aus? Wie sind Eure persönlichen Erfahrungen als arbeitende/nicht-arbeitende Mutter – müsst Ihr Euch für Eure Entscheidung rechtfertigen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Übrigens: Ich bin wirklich gespannt, welche Entscheidung meine Expat-Freundinnen treffen werden, wenn sie zurück in Deutschland sind, und werde Euch hier auf dem Blog davon berichten.

Ich bin Tina. Promovierte Linguistin, Englisch-Expertin, Coach und Ex-Expat-Partnerin. Meinen Wissensdurst stille ich mit Podcasts, Büchern, Seminaren und Networking-Events. Hier teile ich mein Wissen, um Dir Inspiration und Impulse für Deine persönliche Weiterentwicklung zu geben.

Improve your English.
Be Curious.
Rock the world!

9 Kommentare
  1. Hallo. Du hast einen neuen Fan. ;-) dank fb auf deinen blog gestoßen. Dein Beitrag zur stay-at-home-mom gefällt mir. Habe ja selbiges erlebt: mom inkl 2 kids, expat und vor einem Jahr wieder Heimat. Ok, meine Ausgangssituation erstmal einfach; in einen bestehenden Arbeitsvertrag zurück kehren zu können.Aber ich kann trotzdem sagen, lass dir Zeit. Zeit anzukommen. Zeit, die kids wieder in einen dt. Alltag einzugliedern. (Kita usw) Ja auch Zeit wieder mal Kisten zu schleppen usw. ;-) Ich haette mir dafür gerne mehr Zeit genommen aber da rief nach vier Wochen in D direkt die Arbeit. Freude und Panik gleichzeitig, denn wer so lange zu hause war, der hat ja trotzdem keine Langeweile und Zeit zum arbeiten hatte ich auch nicht. Lol Mein persönliches Fazit: Ich liebe meine Arbeit und habe sie sehr vermisst aber ich wäre gern erst deutlich später wieder eingestiegen um erstmal alles um mich herum zu ordnen. Ich freue mich für jeden, der sich dafür entschieden hat erstmal stay-at-home-mom zu bleiben. Es kommt der Punkt, da weiß man/frau was sie will und wenn die Entscheidung dabei bleibt, genauso ok. Was ich in usa gelernt habe ist zu respektieren. In D ist das leider etwas hmmm anders. Aber andere haben mich auch selten interessiert. Liebste grüße Melanie

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  2. Hallo Tina,
    hier meldet sich eine Leserin, die Du – noch – nicht auf dem Schirm hattest! :-)
    Ich bin Dagmar aus Hamburg, 36 Jahre alt und ich habe zusammen mit Tati in Lüneburg studiert. Ich glaube, Tati hat Dich „vorgewarnt“, dass sie die Blog Adresse an mich weitergeleitet hat.
    Und ich habe auch gleich mal in Deinen Blog geschaut und finde den aus ganz verschiedenen Gründen sehr spannend.

    Dein Thema ist eine tolle Idee! Ich würde sehr gerne mehr von den Interviews lesen, die Du geführt hast!

    Das Thema „Working Mum oder SAHM“ hat mich sehr angesprochen. Wir haben uns letzten Winter einen Traum verwirklicht und sind mit unseren Zwillingsjungs (damals 5, jetzt gerade 6 geworden) ein halbes Jahr um die Welt gereist, es war grandios. Dafür habe ich meinen alten Job gekündigt (der eh nicht mehr wirklich Spaß gemacht hat). Nun hänge ich gerade in der Warteschleife, genieße den wirklich tollen Sommer und suche halbherzig nach einem neuen Job. Und stelle mir ähnliche Fragen. Ich genieße die Zeit mit den Kindern und auch die Zeit für mich. Gleichzeitig habe ich auch immer das Gefühl, ich müsste doch dringend mal wieder anfangen zu arbeiten (muss ich das?) und merke, dass ich mich manchmal vor Anderen rechtfertige, warum ich aktuell zu Hause bin. Und ich stelle mir auch die Frage, ob dieser Rechtfertigungs-Druck überhaupt von außen kommt oder doch eher von mir selbst und meinem antrainierten Leistungsgedanken, den ich nicht loswerde.

    Aber klar, Luxus ist dies auf jeden Fall, finanzielle Überlegungen stehen ja auf einem anderen Blatt. Aber wirklich ein vielschichtiges und schwieriges Thema, mach gerne mehr dazu!

    Gleichzeitig überlege ich gerade, noch mal was anderes zu machen, ob neben der Arbeit oder generell, aber dieser sowieso vorhandene Bruch im Lebenslauf wäre jetzt natürlich eine tolle Chance dazu. Mit Job und Kindern im Alltag hat man ja leider meist nicht die Muße, was Neues zu starten. Auch auf Blog-Schreiben habe ich richtig Lust. Ich habe ja auch während unserer Weltreise einen Blog geschrieben, der so eine Art Reisetagebuch für die Daheimgebliebenen war und die Schreiberei hat mir total viel Spaß gemacht. Da denke ich gerade drauf rum und habe eine erste Idee…

    Und mein Mann und ich haben auch immer noch das Thema Arbeiten im Ausland im Hinterkopf, mein Mann hat das mal locker angesprochen in der Firma. Aktuell ist das nicht im Vordergrund für uns, wir würden aber definitiv gerne mal eine Weile im Ausland leben und er wird das Thema dann sicher noch mal (nächstes Jahr vielleicht?) mit Nachdruck aufnehmen.

    Also, Du siehst, ganz viele Gründe, dass ich Deinen Blog interessant finde. Und sicher wird es auch vielen anderen so gehen, wenn Du mit Deiner Richtung weitermachst und die Themen weiter ausbaust!
    Wenn Du Lust hast, kannst Du mir gerne mal mailen. Ich würde auch gerne mehr über den Blog Workshop, den Du gemacht hast, erfahren.
    Mach weiter so!
    Viele Grüße
    Dagmar

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  3. Spannend! Wirklich Spannend! Wir sind jetzt seit ca9 Monaten wieder in Deutschland. Ich hab aufgehört zu zählen, wie oft ich in den ersten drei Monaten gefragt wurde, wann ich wieder arbeiten geh? Allerdings war die „Ausrede“ wir sind ja grad erst wieder da. Lange Zeit war das auch Thema für mich. Geh ich arbeiten und wo bzw. was mach ich mit meinen beiden Kindern. Ich selber habe mit vielen Müttern gesprochen, die berufstätig sind. ( fast alle). Dabei hab ich viel Gutes gehört, dass viele sehr zufrieden mit dem Job sind. Aber 95% der Frauen erzählen mir dann im zweiten Satz, dass es eine ungeheure Herausforderung ist, Job, Haushalt, Ehemann, Kinder und Freunde ( manchmal auch noch Hobby) unter einen Hut zu bekommen. Bei vielen wirkt sich dass dann auf die Ehe aus…. Ist es das wert? Ich hab für mich persönlich entschieden, zu Hause zu bleiben – obwohl die Kinder im Kindergarten/ Schule sind. Nur weil ich es so gewollt hab, heisst es nicht dass es immer einfach ist. Aber trotz, dass ich manchmal das Gefühl hab zu verblöden, nehm ich das gern in Kauf. Gefühlt ist es gesellschaftlich nicht anerkannt, aber im Moment geh ich erst mal diesen Weg.

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    • Liebe Sandra, liebe Dagmar, liebe Melanie! Vielen Dank fuer eure ausführlichen Kommentare! Habe mich mehr als gefreut und antworte in den nächsten Tagen auch noch ausführlicher (bin grad im Wohnmobil unterwegs). Würdet Ihr auch als Interviewpartner zur Verfügung stehen? Sonnige Grüße, Tina

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      • Of course Tina, whenever you want…..;-)

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      • klar!! Mach ich1

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  4. Hallo Tina,
    hoffentlich geht es Dir gut!

    Ich habe gerade ein spannendes Buch gelesen, das erst kürzlich erschienen ist und wollte nicht versäumen, Dir davon zu berichten, da es einfach zu gut zu dem von Dir angestossenen Thema passt.

    Das Buch heißt „Die Alles ist möglich-Lüge: Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind“ von Susanne Garsoffky und Britta Sembach. Sehr interessant und trifft in vielen Punkten den Nagel auf den Kopf. Grundsätzlich gehen die Autorinnen davon aus, dass Karriere und Familie nicht vereinbar sind. Wobei, organisatorisch vielleicht schon, aber man zahlt immer einen Preis, weil man halt nicht beidem 100% gerecht werden kann. Und damit auch körperlich und emotional an seine Grenzen geht. Jeder muss sich somit überlegen, welchen Preis er bereit ist, dafür zu zahlen.

    Sehr interessant. Es werden auch „Lösungsansätze“ aufgezeigt, diese hätte ich mir aber noch ausführlicher in der Diskussion gewünscht, denn das ist ja tatsächlich der Knackpunkt. Was muss in der Gesellschaft passieren, damit Familie und Karriere wirklich vereinbar werden?

    Das Buch gibt es auch als Kindle bei Amazon, falls Du einen Kindle hast.

    Ansonsten hoffe ich, bald mal wieder was von Dir zu lesen und sende viele Grüße über den Atlantik,
    Dagmar

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    • Hallo Dagmar! Danke für den Tip. Das Buch werde ich gleich mal auf meine Lese-Liste setzen. Hast Du eigentlich meine E-Mail bekommen? Der Blogging-Kurs von Holly Becker fängt ja im Oktober an. Machst Du mit? Liebe Grüße nach Hamburg, Tina

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  5. Hallo Tina,
    Ich denke, jede Frau soll es für sich entscheiden.
    Ich kenne viele Frauen die Zuhause sich wohl füllen.
    Mein erstes Kind war auch erst 11 Monate , da bin ich wieder arbeiten gegangen. Weil so wie du schon vorher geschrieben hast, fiel mir die Decke auf dem Kopf von Zuhause sitzen.
    Wenn wir nächstes Jahr nach Deutschland zurück gehen, werd ich mich erst nicht eilen.
    Aber in das Berufsleben würde ich gerne zurück kehren.

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