Leben ohne Sicherheitsnetz

29. August 2014

Mitte September ist es genau 3 Jahre her, dass das Abenteuer USA für uns begonnen hat. Ich kann mich noch gut an den Reisetag erinnern: mit Anhänger zum Flughafen gefahren, auf dem Flug mit Kind und Schwiegervater zwischen Economy Class und Business Class ständig hin und her gewechselt, dann die erste Fahrt in meinem Auto von Atlanta zum neuen Zuhause (ohne Anhänger natürlich!). Drei abwechslungsreiche Jahre mit vielen Höhepunkten, dem ganz normalen Alltags-Trott, aber natürlich auch mit dem ein oder anderen Tiefpunkt. Ein ganz normales Leben also. Oder doch nicht?

Zirkus Ich habe mich daran gewöhnt, nur unregelmäßig Kontakt zu Familie und Freunden in Deutschland zu haben und sie noch seltener zu sehen. Wir leben hier unser Leben, ohne familiäre Verpflichtungen, haben viele neue Freunde gefunden. Das funktioniert gut und uns fehlt – eigentlich – nichts. Klar: es wäre schön, wenn die Kinder mal ein Wochenende bei den Großeltern übernachten könnten. Und natürlich würde ich gerne mal wieder bei einem Caipi oder Gin Tonic ausgiebig mit meiner Freundin quatschen. Aber das geht nun mal nicht, wenn ich in den USA lebe und meine Familie und Freunde in Deutschland sind.

Es gibt aber Momente, in denen Dir als Expat, meistens leider schmerzlich, bewusst wird, was Dir da eigentlich fehlt. Ereignisse wie „Was-wird-eigentlich-aus mir-„-Sinnkrisen, plötzliche Krankheiten, „Mann-ist-schon-wieder-auf-Dienstreise-und-mir-wird-alles-zuviel“-Momente, vom Arzt übermittelte Diagnosen, die überprüft werden müssen, traurige Jahrestage oder auch ein ganz einfacher blöder Ehe-Streit. Ereignisse, bei denen die Mama oder eine Umarmung von genau dieser einen Freundin helfen könnten. Da bräuchtest Du Menschen um Dich rum, die Dich schon lange kennen, denen Du nicht alles erklären musst, die einfach wissen, wie Du so tickst. Und warum. Familie und Freunde, die Dich auffangen, wenn es Dir schlecht geht, Du jemanden zum Reden, oder Schweigen, brauchst. Die einfach für Dich da sind. Dein Sicherheitsnetz.

Dieses Sicherheitsnetz aus vertrauten Menschen kann es in einem Expat-Leben nicht geben. Man kennt sich erst seit Kurzem und ist auch nur eine begrenzte Zeit zusammen am gleichen Ort. Aber Freundschaften brauchen nun mal Zeit, um zu entstehen. Da braucht es schon ganz viel Glück und Zufall, wenn man doch auf eine Seelenverwandte trifft!

Aber (und ich weiß, dass ich mir jetzt fast selber widerspreche) sollte es doch einmal zu einem richtigen Notfall kommen (für den ich mir lieber keine Beispiele ausmalen möchte), bin ich mir sicher, dass dann auch hier ein Sicherheitsnetz zum Einsatz kommt: aus alten und neuen Expat-Freunden, aus amerikanischen Freunden und Bekannten, den Nachbarn, den Lehrerinnen im Kindergarten. Wenn’s drauf ankommt, ist doch jemand da. Bestimmt.

Hoffen wir, dass uns diese Erfahrung erspart bleibt…

Foto-Credit: Mein erster Besuch im Zirkus, Coppenrath Verlag, 2009.

Ich bin Tina. Promovierte Linguistin, Englisch-Expertin, Professional Coach und Ex-Expat-Partner. Meinen riesengroßen Wissensdurst stille ich mit Podcasts, Büchern, Seminaren und Networking-Events. Hier teile ich mein Wissen, um Dir Inspiration und Impulse für Deine persönliche Weiterentwicklung zu geben.

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