„Würdest Du wieder ins Ausland gehen?“ Das frage ich nicht nur meine Interview-Partner, sondern auch mich regelmäßig. Über die Antwort muss ich nicht lange nachdenken: „Na klar, jederzeit, immer wieder! Schließlich habe ich in meinem Erwachsenen-Leben noch nie länger als 3 Jahre an einem Fleck gelebt. Aber nach unserem aktuellen USA-Aufenthalt möchte ich doch erst einmal wieder ein paar Jahre zurück nach Deutschland. Mal gucken, wie es da eigentlich so ist. Das weiß ich nämlich nicht mehr. Und meinen Kindern möchte ich zeigen, was es eigentlich heißt „aus Deutschland zu sein“. – Pause – Stimmt ja. Die Kinder. Was sagen die eigentlich dazu, wenn es heißt: Wir gehen ins Ausland bzw. zurück nach Deutschland?
Meine Kids sind keine Babies mehr. Ja man kann sie kaum mehr als Kleinkinder bezeichnen. Meine Tochter ist 5 Jahre alt und ein richtiges Schulkind, mein Sohn mit fast 3 Jahren ein waschechtes Kindergartenkind. Bislang war es ihnen ziemlich egal, wo wir leben, ob in Deutschland oder in den USA. Auch unser Umzug innerhalb von Chattanooga im letzten Jahr hat ihnen nichts ausgemacht. Wichtig ist, dass wir alle zusammen sind und wenn Mama und Papa zufrieden sind, geht’s den Kids auch gut. So far, so good. Dass das nicht ewig so sein wird, ist mir spätestens klar geworden, als ich mich bei unseren Expat-Coffee Mornings, Dinner Dates und Walking Tours mit anderen Expat-Müttern unterhalten habe, die schon ältere Kinder haben. Und die sich mit mir bislang vollkommen unbekannten Problemen oder Situationen konfrontiert sehen:
In den ersten Monaten hier in den USA hat meine Tochter einfach nichts mehr gegessen.
Unser Sohn will nicht mehr zurück nach Deutschland, sondern hier in den USA studieren. So wie seine Freunde auch.
Die ganze Familie leider darunter, dass sich unsere Kinder dem „Abenteuer USA“ total widersetzen. Das haben wir uns ganz anders vorgestellt.
Mein Sohn spricht kein Deutsch mehr. Wenn ich ihn auf Deutsch etwas frage, antwortet er mir nur auf Englisch.
Unser Kind verweigert sich der Schule total. An Schultagen ist sie regelrecht körperlich krank. Und wir wissen nicht, warum.
Jetzt haben sie an unserer Schule das Deutsch-Programm komplett gestrichen. Wie sollen die Kids jetzt bloß auf Deutsch Lesen und Schreiben lernen?
Wir fahren im Sommer immer für mehrere Wochen nach Deutschland, damit unsere Kinder dort in die Schule gehen können und den Kontakt zu ihren alten Freunden nicht komplett verlieren.
Mein Sohn hat noch keine neuen Freunde gefunden. Er traut sich einfach nicht, Englisch zu sprechen. Dabei hat man uns in Deutschland gesagt, dass Kinder die Sprache ratzfatz lernen können…
Positives höre ich natürlich auch, nur wird darüber generell weniger geredet:
Als Familie sind wir in den USA viel enger zusammengerückt, machen Spiele-Abende, gehen gemeinsam Essen oder ins Kino, verbringen einfach viel Zeit miteinander. Das ist richtig schön.
Nach ein paar Wochen in der Schule war das Sprachproblem nicht mehr vorhanden. Jetzt kann ich sogar meine Kinder fragen, wenn ich zum Beispiel Songtexte im Radio nicht verstehe.
Es gibt also auch viele Kinder, die sich schnell eingewöhnen, kaum Probleme haben, Freunde zu finden oder die Sprache zu lernen. So wie es für manche Eltern einfacher ist, das eigene Leben in Container zu verpacken und neu anzufangen, so gibt es auch Kinder, denen das Expat-Leben mehr liegt als anderen (Es wäre doch interessant herauszufinden, ob es Eltern, denen es eher leicht fällt im Ausland Fuß zu fassen, auch Kinder haben, die sich schnell wohlfühlen?).
Fakt ist, dass ein Auslandsaufenthalt nur positiv und erfolgreich verlaufen kann, wenn alle zufrieden sind:
der arbeitende Expat, der seine Familie ins Ausland „geschleppt“ hat (so formuliert es mein Mann immer gerne, augenzwinkernd natürlich, denn die Entscheidung ins Ausland zu gehen, haben wir gemeinsam getroffen);
der begleitende Partner, der den Familienalltag organisiert, einen Großteil der Kinderbetreuung übernimmt, dem arbeitenden Partner den Rücken freihält und seine eigenen (beruflichen) Ansprüche hinten anstellt, denn erstmal ist es wichtig, den neuen Alltag, ja das Leben an sich zu meistern;
und die Expat-Kinder, die aus ihrem gewohnten Umfeld „weggeschleppt“ werden und an einer neuen Schule, mit einer neuen Sprache, in einem komplett neuen Umfeld ihren Platz finden müssen. Und die mit gutgemeinten Sprüchen wie „Das bringt Dich so viel weiter“, „Da lernst Du fürs Leben“, „Du kannst dann fließend Englisch sprechen, ohne Akzent. Das ist doch toll“ zumindest zu Beginn nicht viel anfangen können bzw. wollen.
Sollte für uns in ein paar Jahren das Thema „Auslandsaufenthalt“ mal wieder aufkommen, wird die Entscheidung wohl nicht mehr allein bei meinem Mann und mir liegen. Dann werden meine beiden auf jeden Fall ein Wörtchen mitreden wollen. Und wenn ich ehrlich bin, erwarte ich das auch schon für unsere Rückkehr nach Deutschland im nächsten Jahr. We’ll see…
Mit Eurer Hilfe möchte ich gerne eine mehrteilige Serie über Expat-Kinder starten und beispielsweise folgende Themen ansprechen: wie haben Eure Kinder reagiert, als das Thema Auslandsaufenthalt das erste Mal zur Sprache kam? Habt Ihr alle gemeinsam, als Familie, entschieden ins Ausland zu gehen ? Wie geht/ging es Euren Kindern in den ersten Wochen und Monaten? Welche Tipps habt Ihr, um Kindern den Start an einem neuen Wohnort (egal ob im Ausland oder nicht) zu erleichtern?
Wenn Du Lust hast, Deine Tipps und Erfahrungen zu teilen, kannst Du gerne hier oder auf Facebook einen Kommentar hinterlassen. Und wenn Du lieber ausführlicher erzählen möchtest, führe ich gerne bei einer Tasse Kaffee ein (virtuelles) Interview mit Dir. Vielleicht haben ja sogar Deine Kinder Lust, ihren Senf dazuzugeben? Frag sie doch mal!
Mich könnt Ihr über meine Mail-Adresse info[at]tinabusch[dot]com, Facebook oder Instagram erreichen.
Es ist eine sehr große Umstellung für die Kleinen aber zugleich auch eine große Erfahrung. Das ist auf jeden Fall zu schaffen.
Mit besten Grüßen,
Lars von http://www.umzugberlin.de